Neuer Kollege kann nichts

Vorweg: Ich arbeite bei einer Behörde im IT Bereich. Wir haben ein größeres Büro und sind mit dem Neuen 7 Personen.


Nun kam im Januar der Neue, unterstützend für ein anderes Bundesland, dazu. Mitte 40 (er ist mit 5 Jahren Abstand der Älteste), studiert und im Jahre 2002 von Kasachstan nach Deutschland ausgewandert.
Seit dem er hier ist, fühle ich mich sehr unwohl da er hier etwas fehl am Platz ist.

Es fängt an mit seinem schlechten Deutsch. Durch den russischen(?) Akzent spricht er sehr undeutlich. Obwohl ich 3 Meter von ihm entfernt sitze, kann ich ihn nicht verstehen. So muss ich immer zu ihm gehen oder er zu mir damit wir sprechen können. Sein Wortschatz ist auch begrenzt. Konjugieren fällt ihm schwer, er kann auf jeden Fall nicht an's Telefon gesetzt werden. Mich regt es mittlerweile schon sehr auf, wenn er mich anspricht, da ich immer wieder nachfragen muss was er mir sagen möchte.

Obwohl er studiert hat (nicht im IT Bereich), besitzt er nur sehr grundlegende Kenntnisse. In dem Alter und auf diesem Posten erwartet man deutlich mehr. So sitzt er jetzt immer bei einem Kollegen, der ihn netterweise einweist und lässt sich den ganzen Tag unterhalten. Entweder lässt er sich was zeigen, erklären oder wartet auf neue Aufgaben.

Da wären wir beim nächsten Punkt. Mir kommt es vor als sieht er das Ganze als Ausbildung. Er kann sich nicht alleine beschäftigen. Immer möchte er neue Aufgaben oder sich etwas zeigen lassen. Anstatt sich selbst mit den grundlegenden Themen zu beschäftigen, wie es alle von uns am Anfang gemacht haben, schnappt er sich Aufgaben, die zeitkritisch sind oder unter Umständen zu großen Schäden führen können. Wir haben es ihm schon mehr als 1 mal gesagt, dass er sich den einfacheren Aufgaben widmen soll um erst einmal den Einstieg zu finden. Das geht 2 Tage gut und dann sucht er sich schon wieder neue ungeeignete Aufgaben.
Es fällt ihm auch schwer Aufgaben zu priorisieren. Wenn es schnell gehen muss, guckt er wieder einem Kollegen zu, bis die Leute anrufen und nachfragen warum die Mail noch nicht beantwortet wurde.

Vom Charakter her ist er sehr nett. Eher schüchtern aber dafür auch motiviert. Er sitzt den ganzen Tag an irgendwas und bleibt auch mal länger. Auch wenn er es nicht versteht, er versucht es. Komisch finde ich seinen Sprachgebrauch. Er redet wie ein Kind. Ob er einfach so ist oder ob es an seinen Deutschkenntnissen liegt, kann ich nicht beurteilen.

Das ist nicht nur mir aufgefallen, auch 3 Kollegen haben die Punkte angesprochen oder bestätigt. Der Kollege, der ihn an die Hand nimmt, hat auch schon mit unserem Chef geredet, dass es Sprachbarrikaden gibt und er sich schwer tut mit der Beschäftigung und den Aufgabenanweisungen. Unser Chef sagt aber nur, wenn es nicht geht, darf er eben nicht mit den Leuten am Telefon sprechen und muss einen Deutschkurs besuchen.
Es ist nicht so, dass der besagte nette Kollege ihn nicht leiden kann. Eher im Gegenteil aber er sieht auch die Problematik.

Langfristig sehe ich darin aber keine Lösung. Ich finde er passt hier einfach nicht rein, zu uns allgemein.

Meinen Chef möchte ich darauf aber sehr ungern ansprechen. Ich bin ja selbst noch recht neu und möchte nicht der Buhmann sein.
Ich meine, der Neue besetzt einen Posten, den eigentlich nur Profis besetzen von den Anforderungen und vom Gehalt her, kann aber weniger als ein halb so alter Frischling der nur eine Ausbildung hat, wie ich.
Uns fehlen 1-2 Leute, die auch richtig programmieren können und sich mit großen Servern usw. auskennen.

Er ist auch noch in der Probezeit und es stehen die letzten 2-3 Monate an, in denen er einfach gekündigt werden kann. Ich könnte das zb. nicht aufgrund seiner Situation aber muss man Mitleid haben?

Ich bin echt ratlos, wenn er da ist, fühle ich mich warum auch immer unwohl. Ich traue mich, wie gesagt aber auch nicht mit meinem Chef unter 4 Augen darüber zu reden, obwohl wir uns gut verstehen.
Momentan versuche ich ihn so gut es geht zu ignorieren, bleibe trotzdem nett und ziehe mein Ding durch. Er zieht die ganze Aufmerksamkeit des Einweisungs-Kollegen auf sich, so dass ich mittlerweile untergehe und mich selbst umschauen muss, was ich machen und erlernen kann.

Könntet ihr mir einen Rat geben?

1

Da sehe ich ganz klar deinen Chef in der Pflicht.
Zum einen: was stand in der Stellenausschreibung? bezgl. Sprachkenntnisse und andere Kenntnisse?
bei uns ist es z.b. so, dass wir auch ausländische Kollegen im Team haben. in der Stellenausschreibung steht drin, dass Deutsch auf B2-Niveau verlangt wird. Die neuen Kollegen haben dann 6 Monate Zeit, das zu lernen bzw sich zumindest deutlich vom vorherigen Stand her zu verbessern. Der Arbeitgeber zahlt aber sogar auch den Deutschkurs. Kurz vor Ende der Probezeit gibt es ein Gespräch, wo geschaut wird, wie weit die Sprachkenntnisse sind. Bei all meinen Kollegen hat es bisher gut geklappt. Mein Chef ist aber halt auch hinterher. Nett, aber bestimmt.

Genauso ist es mit anderen Kenntnissen. Wir sind zu 6. im Team, davon aktuell 2 Neue. Wir haben wöchentliche Team-Meetings mit dem Chef, dort wird u.a. auch der Einarbeitungsplan besprochen und er fragt uns regelmäßig, wie die Einarbeitung voran kommt. Er gibt auch eine klare Richtung vor. Z.b. dass die neuen die ersten 2 Monate nur Tätigkeit x und y machen sollen (das sind die Basics) und danach Tätigkeit a und so weiter. Wir haben da viel Mitspracherecht, bei uns läuft alles auf ner guten Vertrauensbasis. Aber trotzdem weiß er immer zumndest grob Bescheid und das gehört meinem Verständnis nach eben auch zu Führung (= Aufgabe eines Vorgesetzten).

Also ich an deiner Stelle würde mich mit den anderen "alten Hasen" absprechen und dann den Chef um ein Team-Meeting o.ä. bitten und da mal alle Punkte ansprechen. Mit oder ohne den neuen Kollegen. Solche Meetings kann man ja nett und konstruktiv machen ("wie können wir uns im Team verbessern"), aber trotzdem mit nem konkreten Ergebnis. Das dann schriftlich festhalten und dann in bestimmten Zeitabständen schauen, ob die Schritte eingehalten werden.

2

Ich würde schauen, dass du die Ressourcen zwecks Einarbeitung für dich bekommst die du brauchst.

Ansonsten würde ich da jetzt als ebenfalls Neuer nicht vorpreschen, zumal es deinem Chef auch egal zu sein scheint.

Ich weiß nicht was ihr nach Tarif zahlt, aber wenn es bei eich nicht evtl. eine Zulage gibt dann nehme ich an ihr habt einfach stark Probleme IT Stellen vernünftig zu besetzen, denn das ist im ÖD ein relativ großes Problem.

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Willkommen im interkulturellen arbeiten.
Jep, es ist manchmal anstrengend und herausfordernd. Aber, auch bereichernd.
Manchmal kann es hilfreich sein, sich mit dem Herkunftsland auseinander zu setzen. Ansonsten Teambesprechung und/Teamleitung sind eigentlich für das Problem zuständig. Allerdings verstehe ich nicht, warum du dich unwohl fühlst.

Viele Grüße

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Diversität. Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund benötigen unterschiedliche Behandlungen. In diesem Fall wäre es deinem neuen Kollegen gegenüber unfair, wenn er nicht die nötige Einweisung erhält. Es ist verständlich, dass du es irgendwie ungerecht findest, aber auf diese Weise integrieren wir Unterschiede in unser Geschäft. Es bringt auch viele Vorteile mit sich und bietet verschiedene Aspekte. An deiner Stelle würde ich versuchen, meine Hilfe anzubieten, z. B. wie er sein Deutsch verbessern kann.

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Beeinträchtigt er dich in deiner Arbeit?
Wenn ja, dann sprich mit dem Chef.
Wenn nicht, dann geht dich das alles nichts an und du solltest dich raushalten.

6

Also bei uns wird mit Kollegen, denen es an Deutschkenntnissen mangelt, einfach Englisch gesprochen :-)
Vielleicht wäre das eine Hilfe?

Für mich klingt es bei vielen deiner Aussagen so, als wäre er dir einfach unsympathisch und seine fachlichen Kompetenzen bzw das fehlende Deutsch gar nicht so das Problem. Das finde ich sehr schade. Du scheinst ja auch relativ neu im Unternehmen zu sein, da finde ich es fragwürdig Aussagen wie "Seit dem er hier ist, fühle ich mich sehr unwohl da er hier etwas fehl am Platz ist" oder "Ich finde er passt hier einfach nicht rein, zu uns allgemein." zu treffen wenn man selber ein Neuling im Team ist.

Euer Chef wird doch fachlich in der Lage sein um einzuschätzen ob der neue Kollege ins Team passt und ob die Arbeit so funktionieren kann oder nicht?

Für mich klingen deine Schilderungen sehr positiv, vielleicht etwas übermotiviert , aber das legt sich meistens mit der Zeit.
Vielleicht stößt es dich nur sauer auf, dass deine Einschulung nun eher Nebensache ist? Er mehr verdient wegen dem besseren Posten? Du hast ja nicht wirklich etwas mit ihm direkt zu tun, wenn andere Kollege seine Einschulung machen?

7

IT-Bereich? Warum sprecht ihr nicht einfach englisch, wenn was dringend vermittelt werden soll?
Das kann im IT-Bereich doch eigentlich jeder. Zumindest das technische ;).

Aus Deinem letzten Satz schliesse ich, dass Du selber noch nicht allzu lange da bist und Dich in der Einarbeitung befindest. Von daher finde ich Deine Aussage 'Ich finde er passt hier einfach nicht rein' sehr überheblich.

Grüsse
BiDi

8

Ja…….wenn man neu ist, kann man noch nicht alles können.

Ist bei euch niemand zuständig, der den neuen Kollegen einarbeitet ?

Er kann noch nicht gut deutsch ? Ja klar, woher auch ?
Er hat einen Dialekt ? Ich hab auch einen Dialekt, den bestimmt viele furchtbar finden.

Er scheint doch lernwillig und engagiert. Gib dir ein bisschen Mühe.
Ist ja kein Ponyhof.

9

Hmmm... Also im Gegensatz zu den Anderen kann ich Dich gut verstehen. Kenne das Problem ebenfalls, wenn eine Stelle suboptimal besetzt wird. Aus welchen Gründen auch immer, meist schlicht, damit sie besetzt ist.
Wenn das im Eingangspost kein Vertipper ist, lebt der Mann seit über 20 Jahren (!) in Deutschland. Da sollte man die Landessprache nicht nur rudimentär beherrschen und sämtliche Sprachkurse längst absolviert haben. Wo war er denn bisher beruflich tätig?

Finde es schwierig, Dir zu raten, zumal Dein Chef das scheinbar einfach laufen lassen will, solange es nicht zur Katastrophe kommt. Hart formuliert besetzt der - vielleicht nette, aber leider ungeeignete - Mann eine Position, an der nun eigentlich immer noch Personalmangel herrscht und er bindet außerdem noch die Arbeitskraft des Kollegen, der ihn ausführlich anleiten muss.
Da fiele mir nur ein, in großer Runde noch einmal das persönliche Gespräch mit dem Chef zu suchen. Mitleid wird Euch nicht weiterbringen, einfach laufen lassen - schlechte Idee. Irgendwann wird Euer Chef fragen, warum man ihm das nicht deutlicher mitgeteilt hat, sollte es einmal Probleme geben. Unschöne Situation 😑