Schlechtes Gewissen: Kind oft beim Papa

Hallo,
Geht es noch jemandem wie mir, dass ihr schnell ein schlechtes Gewissen bekommt, wenn das Kind häufiger beim Papa ist?
Kurz zur Situation: wir haben einen Sohn (fast 4) und sind quasi von Anfang an getrennt. Der Kleine lebt bei mir, sieht seinen Papa aber sehr oft. Meistens schläft er etwa zweimal die Woche bei ihm plus mehrere Nachmittage, an denen er ihn aus dem Kindergarten abholt. Wir wohnen nur einen Ort auseinander.
Wir haben keine klare Regelung und sprechen uns wochenweise ab. In letzter Zeit möchte mein Ex unseren Sohn oft bei sich haben, weil er eine neue Partnerin mit Kind hat und die beiden Jungs zusammen spielen können.
Zeitgleich habe ich nach all den Jahren endlich auch mal jemanden kennengelernt und genieße diese Zeit sehr. Sehr lange habe ich quasi nur für meinen Sohn gelebt und kaum mehr an mich gedacht.

Im Grunde schätze ich es natürlich sehr, dass mein Ex sich so gut kümmert und ich somit auch Freiräume habe.
Aber: ich habe soooo schnell ein schlechtes Gewissen. Ich denke dauernd, ich bin doch die Mutter, ich muss immer Tag und Nacht für mein Kind verfügbar sein.. Ich fühle mich, als würde ich ihn "abschieben", wenn er z.B. mal zwei Tage hintereinander bei seinem Papa ist und ich die Zeit ohne ihn dann auch noch genieße. Fühle mich dann wie eine Rabenmutter.
Ich weiß, dass ich das nicht bin und dass es meinem Sohn sehr gut geht, weil er zu uns beiden eine super Bindung hat. Und bin meinem Ex auch dankbar, dass er ein guter Vater ist.
Aber diese Schuldgefühle bleiben trotzdem. Kennt die jemand? Gehen die irgendwann weg? Wollte einfach mal ähnliche Erfahrungen hören :)

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Hallo,
Also vorab: ich bin nicht in deiner Situation.
Aber ich finde eure Gesamtkonstellation hört sich sehr entspannt und schön an. Also vor allem auch für euren Sohn. Ihr scheint neutralen regelmäßigen Kontakt zu haben. Er hat seine beiden Eltern, die für ihn da sind.
Deinerseits kein böses Wort über neue Freundin und neuen Stiefbruder. Du kannst die Zeit sogar für dich nutzen und sie genießen!
Also ich höre da wirklich absolut nichts verwerfliches, weswegen man ein schlechtes Gewissen haben sollte.
Ich finde das alles hört sich richtig gut an! Als wäre jeder irgendwie zufrieden und alles eingespielt! Glaube das würden sich viele hier wünschen!
Dein Sohn profitiert doch von einer ausgeschlafenen, glücklichen und vielleicht sogar verliebten Mama. Zufriedenheit strahlt auf Kinder ab :) ich finde das ganz toll! Vielleicht probierst du es so zu sehen. Wenn beide Eltern happy sind und ausgeglichen ist das nur gut für die Kinder. Und auch wenn wir die Mamas sind… die werden ja auch älter… die brauchen Mama nicht 24/7 😅😉

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Danke :) es gibt ein gutes Gefühl, das so zu hören.

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Mein erster Gedanke: Hut ab! Ihr bekommt das super hin, was nicht zuletzt daran liegt, dass dein Ex seine Verantwortung als Vater ernst nimmt.
2 Nächte pro Woche plus mehrere Nachmittage, davon können viele Alleinerziehende in meinem Umfeld leider, leider nur träumen.

Echt klasse, dass ihr das hinkriegt! Wenn du dich mit deinem Ex gut verstehst, dann würde ich ihm das bei Gelegenheit auch einfach mal so sagen. "Du Thorsten, einfach nur mal so als Bemerkung am Rande: Du bist ein klasse Vater. Ich weiß, Nico kann sich immer und zu jeder Zeit auf dich verlassen, und das beruhigt auch mich ungemein".

Denn das tut es, oder? Du sagst selbst, dein Ex kümmert sich toll, ist ein guter Vater, dem Jungen gefällts bei ihm und er fühlt sich wohl. Sie verbringen Qualitätszeit und der Vater scheut sich auch nicht, MEHR Kontakt herzustellen. Andere Väter erfüllen meist oft nichtmal das gerichtlich auferlegte Mindestmaß. Traurig, aber leider die Wahrheit.

Gibt es irgendwelche Ängste, die dich plagen, dass dir das jetzt so ein Gefühl verursacht? Vielleicht Angst, der Junge könnte eine engere Bindung zum Vater aufbauen als zu dir? Ich glaube, davor musst du keine Angst haben. Wahrscheinlich ist nämlich nicht nur der Papa vom Kleinen toll, sondern auch die Mama ;-).

Vielleicht wird dir auch irgendwie von deinem Umfeld vermittelt, dass eine Mutter 24/7 und zu jeder Zeit vollpräsent im Leben ihres Kindes sein muss. Aber das ist doch Quatsch und auch nicht gesund!

Dein Sohn ist nicht bei irgendeinem Fremden, den du seit 3 Wochen kennst, sondern er ist bei seinem VATER! Wo, wenn nicht DA, sollte man im Normalfall (und dein Fall klingt danach!) sein Kind gut aufgehoben, sicher, geliebt und versorgt wissen?
Vielleicht macht es dir unterschwellig jetzt auch ein wenig mulmige Gedanken und Gefühle, weil im Leben des Ex eine Partnerin mit Kind aufgetaucht ist. Solltest du aber nicht noch irgendwie am Ex hängen, sehe ich da eigentlich nur Vorteile. Zum einen hat die Partnerin selbst schon ein Kind, das ist keine Garantie aber erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Frau Kindern gegenüber lieb und empathisch ist und ihre Bedürfnisse versteht, und zum anderen verstehen sich die beiden Kinder sogar gut. Ich sehe also alles in allem eigentlich eine echt gute Familienentwicklung auf Seiten deines EX. Ist doch auch für den Jungen schön, sowohl den Papa als auch jetzt die Mama, jeweils glücklich in einer neuen Partnerschaft zu sehen. Im besten Fall gewinnt euer Sohn so auf jeder Seite ein Familienleben dazu.

Ich würde sagen, solange es keine Beanstandungen an der Vaterschaft deines EX gibt, und er sich aufmerksam, verantwortungsvoll, regelmäßig und liebevoll um euren Sohn kümmert und ihr beide Eltern euch gut versteht: Lehn dich zurück, freu dich, dass dein Sohn so eine tolle Vaterbeziehung hat, und genieße auch DU deine neue Partnerschaft in vollen Zügen.

Nirgendwo gewinnt ein Kind, dessen Eltern getrennt leben, so viel Lebensqualität dazu, wie dort, wo sich die Erwachsenen gut verstehen, auch Konflikte konstruktiv gelöst werden, und alle Beteiligten in glückliche Beziehungen führen und gleichzeitig im Sinne des Kindes handeln.

Aber das sind nur meine 2 cents. ;-)

Bearbeitet von EfeuIvy
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Danke für diesen tollen Text :)

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Ihr macht das super! Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben. Du bist ja Tag und Nacht für ihn da, wenn es nötig sein sollte.
Mein Grosser wird im bald 19. Ich von seinem Vater getrennt, seitdem der Sohn 1.5 Jahr alt war. Als er klein war, war er mehr bei mir, es hat immer mal wieder gewechselt, aber so ca. 2/3 bei mir und 1/3 beim Papa. Ab ca. seinem 14. Lebensjahr war es umgekehrt – hauptsächlich aus organisatorisch-geografischen Gründen. Das war nicht einfach für mich, auch wenn ich dem zugestimmt habe. Gleichzeitig war ich manchmal auch froh, weil ich noch zwei kleinere Kinder habe und der Grosse schon sehr schwierig war in der Zeit. Vor kurzem waren wir bei der Diplomübergabe, mein Ex mit Partnerin, der Grosse mit Freundin und ich (mein Mann und die zwei Geschwister konnten nicht kommen wegen einem Schulanlass der Kleinen). Es war schön und entspannt und mein Ex hat erzählt von einem Gespräch, bei dem unser Sohn jemandem gegenüber erwähnt hat: "Ja, das ist halt so, wenn man zwei Elternpaare hat ...". Das fand ich wirklich schön. Und auch wenn es zwischen meinem Ex und mir nicht immer einfach und entspannt war, vor allem am Anfang nicht, bin ich doch froh, dass es kein Problem ist, dass wir gemeinsam mit unseren neuen Partnern an sowas wie einer Diplomfeier gemeinsam teilnehmen können.
Alles Gute, Ks