Unzufrieden mit der beruflichen Situation - wie ansprechen? (A h

Hallo, ich hätte nicht gedacht, dass ich in diesem Forum mal Rat suche, aber mich belastet die Situation zuhause immer mehr. Zum Hintergrund, ich führe eine tolle Partnerschaft, wir sind schon sehr lange zusammen, sind ein super Team und haben einen Sohn, 4 Monate. Wir haben das Glück, dass wir in einem geerbten Haus leben (es gehört ihm), sodass wir keine Miete zahlen müssen. Außerdem haben wir einige Zehntausend Euro zurückgelegt, falls mal was mit dem Haus ist oder so.
Bevor ich schwanger geworden bin, haben mein Mann und ich beschlossen, dass er seinen bisherigen Beruf aufgibt und sich seiner kreativen Leidenschaft widmet und sich damit versucht selbstständig zu machen. Die Abmachung war, dass er während meiner Schwangerschaft die Selbstständigkeit aufbaut und uns dann versorgen kann, während ich ein Jahr in Elternzeit gehe.
Nun ist er seit ca. einem Jahr selbstständig und ich sage mal so, es läuft schleppend. Er verdient nicht nichts, aber wenn wir beispielsweise Miete zahlen müssten, kämen wir niemals mit dem zurecht, was wir haben. Ich bekomme etwa 1000 Euro Elterngeld und davon leben wir aktuell.
Ich habe mir das jetzt lange mit angeguckt und immer wieder meinen Mann unterstützt und motiviert, einfach weiterzumachen. Und ich glaube auch nach wie vor an ihn und seine Fähigkeiten, aber ich sehe zunehmend, dass seine Art, Kunden zu akquirieren (oder eben auch nicht) zu keinem Erfolg führt. Er steckt jetzt zunehmend Zeit in freie Projekte, also für die er kein Geld bekommt, und seine neuste Idee ist, dass er einen Raum zum arbeiten braucht und dann die Kunden nur so angeflogen kommen, dabei kann er super von zuhause arbeiten. Er verbringt nun also viel Zeit mit der Suche nach einem Raum, für den wir Geld ausgeben müssten, das wir überhaupt gar nicht haben.
Ich merke, wie langsam Wut in mir hochkommt, wenn er davon spricht. Ich habe schon mal versucht anzusprechen, wie er sich das alles vorstellt, wann dann genau Geld reinkommt und wie und wofür er den Raum genau braucht, aber er wird dann unwillig und fühlt sich, als ob ich ihn nicht unterstütze. Unsere Beziehung basiert unter anderem darauf, dass wir extrem füreinander da sind, an den anderen glauben, uns als Team sehen (ich habe auch berufliche Träume, bei denen er mich seit Jahren unterstützt), aber ich habe einfach das Gefühl, dass er langsam Luftschlösser baut. Er sagt immer, dass wir ja keine Geldprobleme haben und genug zurückgelegt haben, aber das ist ja dauerhaft kein Lebenskonzept, vom mickrigen Elterngeld und dem Ersparten zu leben. Und was mich irgendwie am meisten stört: Die Idee war ja, dass er uns versorgt und ich mich ums Kind kümmere und dafür beruflich zurückstecke. Nun leben wir aber von meinem Elterngeld, plus ich bin fürs Kind zuständig. Übernehme also irgendwie beides und habe langsam das Gefühl, ich ermögliche seine Selbstverwirklichung.
Ich hätte gern eine Perspektive: Wie lange will er es noch versuchen und was passiert, wenn es bis dahin nicht klappt? Aber ich weiß, wenn ich das so frage, wird er sich extrem unter Druck gesetzt fühlen und der Haussegen gehörig schief hängen. Mit kleinem Baby ist eh alles so anstrengend und jetzt noch so ein Fass aufzumachen, macht mir irgendwie Bauchschmerzen. Die Situation aber auch.

Ich bin einfach auf der Suche nach Perspektiven, ob es okay ist, dass ich langsam ungeduldig werden, und vielleicht Ideen, wie ich das ansprechen könnte bzw. was ich ihm vorschlagen könnte, wie wir das anders strukturieren.

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Moin,

dumm gelaufen, schlecht geplant. Wenn ein Kind in die Welt gesetzt wird, sollte natürlich die finanzielle Grundlage schon da und die berufliche Situation so weit wie möglich geklärt sein sowie eine evtl. Selbstständigkeit schon laufen. Mit der Geburt eines Kindes seine Stelle zu kündigen und ins volle Risiko zu gehen - da hätte ich von Anfang an Bauchschmerzen gehabt. Bei Euch kommt hinzu, dass die allgemeine wirtschaftliche Lage vielleicht potentielle Kunden fernhält, je nach dem, was die "kreative Leidenschaft" Deines Mannes ist: Im Moment geben leider nicht viele Leute Geld für naive Malerei, handgetöpferte Schirmständer oder Makramee-Blumenampeln aus.

Könnte Dein Mann eine Teilzeitstelle im alten Beruf annehmen und die restliche Zeit in die Selbstständigkeit stecken? Oder Du gehst wieder arbeiten, z. B. Teilzeit während der Zeit, die Dein Mann kreativ zu Hause verbringt. Du schreibst, Ihr seid ein tolles Team und unterstützt Euch immer gegenseitig. Jetzt gerade läuft es nicht, also wäre jetzt die Zeit, das unter Beweis zu stellen.

LG, Mollie

Bearbeitet von molliebolly
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Schon wieder inaktiv? Hat sich wohl schnell erledigt

Der Zeitpunkt war absolut der falsche. Er hätte seine Selbstständigkeit vor dem Kind erstellen sollen. Nicht dann, wenn man Panik hat, dass man nicht überleben kann.

Bearbeitet von Leilachuchu
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Es tut mir leid, das so deutlich zu sagen, aber das, was Du da schreibst, klingt nicht so, als habe Dein Mann das richtige Gen und die richtige Haltung, selbständig zu sein. Wenn sich das, was man macht, nicht monetarisieren lässt, dann muss man Dinge machen, die sich monetarisieren lassen. Du schreibst aber, er driftet in unbezahlte Projekte ab und macht Externalitäten dafür verantwortlich, dass es nicht läuft (und, klar, der Raum, der erst mal Geld kostet, der wird es dann ändern). Keine Ahnung, was genau er macht, aber das klingt nach dem typischen Verlauf, den viele nehmen, aber dann einfach nicht die richtigen Schlüsse ziehen: es ist keine Lösung, sich selbst in eine Abwärtsspirale zu begeben, in der man sagt: ehe ich gar nichts mache, mache ichs umsonst.

Das ist okay, wenn Du damit okay bist, aber Du bist es ja nicht, und ohne das zu lösen, wird das Thema ja auf andere Lebensbereiche "überspringen", zumal, wie Du sagst, Ersparnisse und Elterngeld keine dauerhafte Grundlage sind.

Du solltest allerdings im Kopf haben, dass das etwas sein kann, das ihn sehr an der Ehre packen könnte. Insbesondere aus künstlerischer Sicht. Du müsstest ihm ja mehr oder minder deutlich sagen, dass Du nicht dran glaubst, dass sich das zeitnah monetarisieren lässt und auch nicht damit einverstanden bist, das pro bono zu machen. Was objektiv komplett verständlich ist. Aber ihn ziemlich erschüttern könnte.

Wäre es vielleicht eine Idee für ihn, es so zu machen, wie es ganz viele Freischaffende machen: einen Job anzunehmen, mit dem er was beisteuert und sich so auch ökonomisch die "Freiheit" holt, künstlerisch zu machen, was er mag. So etwas hätte ja auch was konstruktives, anstatt ihm zu sagen, dass es so nicht weitergehe.

Bearbeitet von ClackClack
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"dass er seinen bisherigen Beruf aufgibt und sich seiner kreativen Leidenschaft widmet"
Hätte er nicht in seinem bisherigen Beruf die Stunden reduzieren können und in der anderen Zeit seine kreative Leidenschaft ausleben? Also erstmal austesten, ob seine Fähigkeiten ausreichen, um davon leben zu können.
Ich würde ihn bitten, seinen Beruf wieder aufzunehmen, zumindest in Teilzeit.
Aber eigentlich egal, du bist ja schon wieder inaktiv.

Bearbeitet von Sonnenblume125
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Schade, dass du schon wieder inaktiv bist.

Ich antworte dir trotzdem mal, vielleicht liest du es ja trotzdem noch. Ein Unternehmen aufzubauen braucht Zeit. Man muss einen Kundenstamm aufbauen, bekannt werden, auch mal Durststrecken überbrücken. Je nach Art des Unternehmens, gehen da locker 2-3 Jahre ins Land bis man ernsthaft davon leben kann.
Viele machen den Fehler und schrauben ihre Stundensätze sehr nach unten, weil sie hoffen, dass dann mehr Kunden kommen. Mag auch vielleicht so sein, aber leben kann man dann davon nicht. Denn Steuern, Krankenversicherung, Altersvorsorge müssen davon eben gezahlt werden. Um davon eine Familie zu versorgen, müsste dein Mann sicherlich jeden Monat 3000 Euro entnehmen können. Davon gehen dann KV und Steuern weg und dann bleiben so 2000 Euro für den ganzen Rest. Also Rücklagen, Lebensmittel, Kleidung, ...

Aus meiner Sicht (und ich kenne einige, die das genau so gemacht haben), wäre eine Teilselbstständigkeit erst mal richtig gewesen. Dann hat man nicht den Druck sich selbst krankenversichern zu müssen und es kommt jeden Monat ein planbarer Betrag aufs Konto.
Vielleicht kann er das ja nun immer noch so angehen. Du schreibst leider nicht, was genau er anbietet, aber einen eigenen Raum würde ich vermutlich erst mal nicht anmieten. Das sind wieder 500 Euro, die er erwirtschaften muss. Die Fixkosten müssen so gering wie möglich sein.

Wie du ihm das beibringen sollst, weiß ich nicht. Wenn er direkt dicht macht und sich unverstanden fühlt, dann gibt es wohl wenig Möglichkeiten. Vielleicht hat er einen guten Freund, der mal wertneutral fragen kann, wie es läuft.

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Auch wenn du inaktiv bist, eine kurze Antwort.
Ihr habt euch da anscheinend absolut verkalkuliert.
Während einer Schwangerschaft den Job kündigen und sich selbstständig machen kann ich nicht nachvollziehen, das wäre die letzte Situation in der ich sowas unterstützen würde.
Aber jetzt ist das Kind in den Brunnen gefallen.
Was ist, wenn du wieder arbeiten gehst und dein Mann die Kinderbetreuung übernimmt? Er hat ja anscheinend genug Zeit neben seiner „Selbstständigkeit „? Vielleicht könnte euch das helfen.

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Falls du das noch liest: die meisten Künstler leben von der Hand in den Mund und haben nicht einmal eine vernünftige Altersvorsorge.
Zudem sollte man immer erstmal ausprobieren, ob das Konzept überhaupt funktioniert, bevor man seinen Hauptjob aufgibt. Und zu guter Letzt war der Zeitpunkt, du gehst in EZ (und erstmal nicht mehr arbeiten?) und er baut seine Selbständigkeit von Null auf, denkbar ungünstig.

Ich würde schauen, dass du deine Elternzeit mit dem Ende des EG-Bezugs beendest und anschließend die Hauptverdienerrolle einnimmst. Umgekehrt sind diese Rollen ja normal und gesellschaftlich akzeptiert.
Willst du das nicht, sollte dein Mann sich wieder einen Hauptjob suchen und seine Selbständigkeit erstmal auf nebenberufliche Füße stellen, um zu schauen, ob dabei überhaupt etwas rumkommt.

Wenn ihr so weitermacht, wie bisher, landet ihr bei Bürgergeld oder in der Altersarmut.

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Auch, wenn du das vielleicht nicht mehr liest:

Schenk deinem Mann doch ein oder zwei Sitzungen bei einem Coach. Es gibt so Leute, die auf Karriereplanung spezialisiert sind, auch und gerade für Selbstständige/Unternehmer.

So jemand kann deinem Mann vielleicht ehrlicher und realistischer die Chancen und Risiken aufzeigen als du.

Wir hier können sowieso nix dazu sagen.
Es ist ja ein ziemlicher Unterschied, ob sich dein Mann als studierter Architekt mit einem eigenen Architekturstudio selbstständig machen will (blöder Zeitpunkt, da die Baubranche gerade einbricht)... oder ob er als Musiklehrer irische Harfe unterrichten möchte (immer schon wenig lukrativ) ... oder ob er ein Bestattungsunternehmen aufbauen will (das sollte immer laufen, wenn die alteingesessene Konkurrenz nicht zu groß ist).