silopo Alkoholproblem

Hallo Forum,

hier kommt ein silopo, (wieder mal zum Thema Alkoholismus) aber es tut gut, sich mal die Gedanken von der Seele zu schreiben.

Ich (w29) liebe meinen Partner (m35) von ganzen Herzen. Er mich auch. Das gemeinsame Zusammenleben ist schön und harmonisch, wir haben tolle Jobs, sind viel auf Reisen und genießen unser Leben. Ich möchte mein Leben mit ihm verbringen und er scheinbar auch. So weit so gut.

Vorab: Ich halte nichts davon, den Partner ändern zu wollen. Man muss ihn so nehmen, wie er ist. Der Wunsch nach Veränderung muss immer aus einem selbst kommen.

Mein Problem: er hat ein Alkoholproblem. Damit ist er nicht der einzige in seiner Familie. Er trinkt praktisch täglich seine Flasche Wein. Er wird dann nicht ungut oder so, sondern schlummert einfach selig weg. Es nervt mich zwar manchmal, dass ich abends nichts mehr mit ihm anfangen kann, aber im Grunde hab ich mich damit arrangiert.

Am Anfang hab ich mitgetrunken, da es langweilig ist, die einzig Nüchterne zu sein. Hab damit aber recht schnell wieder aufgehört, da mir das Zeug einfach nicht schmeckt.

Ja, vermutlich kann man mich als Co-Abhängige diagnostizieren. Ich hab übrigens nie vor gehabt, mal mit einem Alki zusammen zu sein. Trotzdem ist es nun so (sein regelmäßiger Konsum ist mir erst aufgefallen, als wir zusammengezogen sind). Nein, einen anderen Mann will ich nicht. Abgesehen vom Alkohol ist er der ideale (und so kitschig es klingt: einzige) Mann für mich.

Wie gesagt, ich kann mich mit seinem Alkoholkonsum arrangieren. Er deutet wiederholt an (in letzter Zeit öfter), dass er gerne heiraten würde und Kinder mit mir möchte. Zumindest letzteres wird nicht passieren, da ich keinem Kind einem alkoholkranken Vater zumuten werde. In dieser Deutlichkeit habe ich ihm das aber nicht gesagt, ich weiche üblicherweise aus, wenn das Thema aufkommt.

Solange ich selbst mit seinem Alkoholkonsum klar komme, bleibe ich bei ihm. Ich kann das aber nicht für die Ewigkeit versprechen, darum möchte ich ihn nicht heiraten. Wenn es mir mal zuviel wird, gehe ich - ich bin glücklicherweise finanziell absolut unabhängig. Ein Kind kann anders als ich nicht einfach von seinem Vater abhauen, daher steht es völlig außer Diskussion, mit ihm ein Kind zu bekommen. Ob ich selbst mal Kinder will weiß ich ehrlich gesagt nicht. Es ist nämlich vorstellbar, dass ich meinen (aufkeimenden bzw. ev. schon vorhandenen) Kinderwunsch aufgrund der Situation unterdrücke.

Über seinen Alkoholkonsum haben wir noch nie offen gesprochen. Ich weiß auch nicht, wie ich das Thema zur Sprache bringen soll. Es belastet mich. Ich mache mir Sorgen um seine Gesundheit. Ich mache mir Sorgen, wie sich sein Trinkverhalten verändert, wenn er mal eine richtige Krise erlebt. Er ist so ein intelligenter Mann, er sieht doch, was der Alkohol mit seiner Familie angerichtet hat - trotzdem trinkt er - und das verstehe ich nicht. Ich verstehe nicht, wie er ernsthaft (s)einem Kind einen Vater zumuten will, wie er ihn hatte.

Mir erscheint es manipulativ und billig, ihn über seinen Kinderwunsch sozusagen zu "erpressen" (da seiner größer ist als meiner) mit der Ansage "erst wenn du xx Monate nüchtern warst, darfst du mich heiraten und schwängern".

Hm, was tun? Wenn ich das Thema ansprechen will, schnürt es mir den Hals zu und /oder ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich hab mir überlegt, mal zur Al-Anon-Gruppe unserer Stadt zu gehen. So als plakative Geste meiner latenten Unzufriedenheit.

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Hallo,

ich finde es sehr merkwürdig, dass du ihn noch nie direkt darauf angesprochen hast. Das ist doch dein Partner, der Mensch mit dem du lebst und der dir am nähsten stehen sollte. Du machst eure Zukunft davon abhänig aber zu ihm kein Wort? Bist du dir sicher, dass in eurer Beziehung nicht noch irgendwas anderes nicht stimmt?

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Wir sind beides eher verschlossene Typen. Insbesondere ich - klassisch unsicher-distanziertes Bindungsverhalten. Ich tu mir sehr schwer, meine Gefühle in Worte zu fassen und nochmal schwerer, diese dann auch auszusprechen. Daran arbeite ich übrigens (oder versuche zu arbeiten...), aber es funktioniert nicht wirklich (falls jemand Tipps, Links, Bücher, Homepages empfehlen kann - nur her damit!)

Ich hab ihm ein paar Brücken gebaut, indem ich ihn z.B. gefragt habe, ob ihn denn etwas bedrückt und er deswegen so viel trinkt. Aber er ist im Ausweichen unangenehmer Gespräche fast so gut wie ich. Aus diesen Anbahnungsversuchen sind nie Gespräche geworden. Ich würde gerne wissen, warum er trinkt.

Manchmal kann ich passiv-aggressiven Verhaltensweisen nicht ganz widerstehen. Wenn er mich z.B. morgens verwundert fragt, warum ich ihn abends nicht vom Sofa geweckt habe, als ich ins Bett ging - "Weil du zu betrunken warst." Dann folgt verschämtes Schweigen. Oder wenn er mich fragt, warum ich ihn nicht angerufen habe um mich abzuholen und stattdessen den Bus genommen habe - "Ich hab angenommen, du bist betrunken" - wieder verschämtes Schweigen.

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Ich bin gerade etwas in Eile kann dir bei Kommunikationsproblemen aber nur zu "Miteinander reden" von Schulz von Thun raten. Hatten es mal als Pflichtlektüre, alle fanden es toll. Das
Problem würde ich als erstes angehen, sonst kommst du ja nicht vorran.

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Schwieriges Thema und kann dich in deiner Entscheidung absolut verstehen. Aber ich bin immer ein Mensch für offene und klare Worte ohne verschönigungen. Von daher würde ich da die klare Aussprache im Bezug des Alkohols ansprechen.
Jeder Mensch müsste verstehen können, dass man so kein Kind groß ziehen möchte.
Auch heiraten möchte man so nicht.
Leider bleibt dir hier wirklich nur das Gespräch.

Trinkt er denn nur Abends oder auch über Tag? Lg

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Er trinkt nie vor/während der Arbeit. Also unter der Woche trinkt er nur abends.
Am Wochenende, falls wir nichts vorhaben, trinkt er auch über den Tag.

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Hallo.

Dann sag ihm das so. Sein Trinkverhalten hemmt dich, ihn zu heiraten und Kinder zu bekommen. Vielleicht merkt er es nicht bzw. weiß nicht, dass es dich so stört und auch die Zukunft beeinträchtigt. Rede mit ihm.

LG

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Täglich eine Flasche Wein, er ist somit ganz klar Alkoholiker. Ich war in erster Ehe mit einem verheiratet, merkte es aber leider zu spät, erst als die Wesensveränderungen auftraten. Nie nie wieder möchte ich einen saufenden Mann, sorry ich kann das nicht beschönigend ausdrücken.
Lies mal hier - als Argumentationshilfe:
https://www.augsburger-allgemeine.de/wissenschaft/Kinder-von-Alkoholikern-haben-ein-deutlich-erhoehtes-Sucht-Risiko-id35901627.html
und
https://www.zentrum-der-gesundheit.de/news/alkohol-zeugungsfaehigkeit-141007.html

Dein Partner ist sich Deiner sicher, er kann trinken, soviel er will, er hat keinerlei Konsequenzen zu befürchten. Ja warum bitte soll er damit aufhören?
Letztendlich tust Du mir leid.
LG Moni

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Danke für die Links, Moni.
Die angesprochenen Wesensveränderungen als mögliche Folge bereiten mir auch Sorgen. (in seiner Familie kamen bisher zumindest keine vor)

Naja, ganz so einfach will ich es ihm ja nicht machen. Nur sind meine Möglichkeiten begrenzt, wenn ich ihn nicht verlassen will.

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Mein Mann hat auch immer getrunken. Ich habe mich damit wie Du arrangiert jahrelang, weil er ruhig blieb und ich damit leben konnte, auch wenn es mich wie Dich störte, dass er abends zu nichts mehr zu gebrauchen war und kein Verlass auf ihn war, wenn es darum ging, mal abends noch irgendwo hinfahren zu müssen. Ich bekam sogar 2 Kinder mit ihm, weil er seinen Konsum unter der Woche sehr im Griff hatte und "nur" am Wochenende sich betrank.

Als er 40 wurde, gingen dann die gesundheitlichen Probleme los, alkoholbedingt:
Bluthochdruck, Diabetes, Gichtanfälle, Herz- und Nierenprobleme, Erektionsprobleme, Übergewicht... Nach weiteren 5 Jahren kamen dann schwere psychische Probleme dazu: Halluzinationen, Verfolgungswahn, paranoide Schübe, damit verbunden Aggressionen, Panikattacken, dann partielle Amnesien, bleibender Hirnschaden.

Ich habe ihn inzwischen verlassen. Noch mal würde ich nicht so lang warten, aber man denkt ja immer, es geht noch, bis es nicht mehr geht.

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Ich finde es ganz toll, weil du schon recht klar bist. Die Schwierigkeit sehe ich, diesen Anspruch im Alltag permanent zu verteidigen. Du bist auch nur ein Mensch. Und du machst bereits Sachen mit, die dir gegen den Strich gehen. in einer guten phase entsteht dann doch schnell eine schwangerschaft.

Ich denke, ohne Hilfe von außen, die du ja grad suchst, wird es nichts.
Ich hoffe, dass du gleich von Fachlektüre überhäufst wirst. 👌
Ich habe keinem Rat dahingehend, da ich keine Erfahrung habe.
jedoch haben beziehungen eine zukunft. ich würde mir selbst klar werden wollen, wo ich/ ihr aktuell steht und wo ihr euch in 5 Jahren seht. Ohne ihn wirst du nichts ändern. Es liegt nicht in deinem verantwortungsbereich.
insofern würde ich mit ihm deutlich sprechen. Dafür musst du dir zunächst klar sein.
lg

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Danke für deine Antwort. Du hast recht, nicht immer kann ich zu meinen Prinzipien stehen.

Ich hab mir auch schon überlegt, seine Mutter zu informieren. Wir (also seine Mutter und ich) haben einen guten Draht zueinander. Sie trinkt nichts. Sie hat mir bereits mehrmals ihre Sorgen mitgeteilt, dass er auch zu trinken anfangen könnte, da die genetische Prädisposition nun mal da ist.

Bisher habe ich meinen Partner durch Wortlosigkeit unfreiwillig "gedeckt". Ich denke, seiner Mutter ist sein Konsum nicht bekannt. Es fühlt sich halt doof an, den Partner gefühlt bei seiner Mama zu "verpetzen".

Ich werde zuerst die anderen Methoden (Bücher, Al-Anon, mit ihm reden) versuchen und erst wenn da nichts fruchtet, mit seiner Mutter sprechen. Ich hab nämlich die Sorge, dass das nur in einem unkonstruktiven Streit zwischen den beiden enden wird.

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„Er ist so ein intelligenter Mann“

Oft ist es leider so, dass äußerst intelligente Menschen die größten Säufer sind. Sprich es einfach unverblümt an, wenn es dich wirklich stört.

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Verabschiede dich von dem Gedanken, du würdest ihn erpressen, wenn du ihm sagst, dass du ihn so nicht heiratest und so keine Kinder mit ihm bekommst.
Du musst doch mit offenen Karten spielen und das sind ganz berechtigte Überlegungen. Erst wenn er die kennt, kann er sich doch überlegen, ob er was an seinem Verhalten ändern möchte.

Leg ihm mal "Nüchtern" von Daniel Schreiber zum Lesen hin: Hier reflektiert ein sehr intelligenter Mann seine Sucht, ohne zu moralisieren. Vielleicht kriegst du ihn so ins Denken, wobei ich mir sicher bin, dass ihm sein eigenes Trinkverhalten selbst nicht ganz geheuer ist.

Es wird sauschwer werden für ihn, aus der Sucht rauszukommen. Du wirst viel Kraft brauchen, wenn du ihn dabei unterstützen willst.

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Vielen Dank für den Buchtipp!
Ja, ihm ist durchaus bewusst, dass er Alkohol missbräuchlich verwendet...

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Also eine Flasche Wein am Tag finde ich jetzt nicht so dramatisch. Das sind 0,75 Liter. Also zumindest nicht so dramatisch, dass Du darüber die Zukunft mit ihm in Frage stellst, wobei Du ja eingangs sagst, er wäre ansonsten eigentlich schon Deine 1. Wahl.

Und ob eine Flasche Wein am Tag jemanden als Vater oder Erzeuger untauglich machen, wäre mir so auch neu. Mag sein, dass jeder, der regelmäßig Alkohol trinkt, auch ein Alkoholiker ist. Aber ich denke bei Alkoholiker eher an Harald Juhnke statt an jemanden, der eine Flasche Wein pro Tag verzehrt.

Aber letztendlich hilft das Deinen Ängsten vor Alkohol wenig.

Wenn er ansonsten keine Probleme macht, alles gut ist, warum kannst Du diese Schwäche nicht einfach hinnehmen? Du wirst ihn ohnehin nicht damit ändern, wenn Du das Thema so fokussierst. Womöglich könnte jemand von außen, die Ursachen herausfinden, warum er nun mal eine Flasche Wein pro Tag trinkt und nicht zwei. Oder eben keine.

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Ich glaube da muss man nicht lange suchen: er trinkt täglich eine Flasche Wein, weil er nicht anders kann. Das nennt man auch Abhängigkeit.

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Bestreite ich doch gar nicht. Es gibt Menschen, die rauchen eine Packung Zigaretten am Tag. Auch nichts, was man jemandem empfiehlt, den man mag. Und dass Abhängigkeiten nichts Erstrebenswertes sind, ist ebenfalls klar.

Ob eine Flasche Wein pro Tag einen Menschen schädigt, hängt sicher auf von seiner Konstitution ab.

Es bringt jetzt wohl auch herzlich wenig, darüber zu diskutieren, wie viel denn viel ist. Ich habe lediglich gesagt, dass ich eine Flasche am Tag nicht als das bedrohliche Szenario empfinde, wie es die TE sieht. Das ist alles.

Wenn jemand ansonsten ein anständiges Leben führt, verlässlich ist und ein positiver Mensch, dann kann man diese Schwäche auch hinnehmen. Bzw. sie nuanciert ansprechen. Bei der TE klingt es schon sehr dramatisch.

BTW: Es gibt sogar Studien, die sagen, eine Flasche Rotwein über den Tag verteilt, wäre gesundheitsfördernd. Ich weiß nicht, ob das stimmt. Aber die ältesten Bewohner Europas leben irgendwo in Norditalien und trinken Mittags und Abends je ihre 2 Becher Rotwein.....

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Du erpresst ihn doch nicht, wenn du an Heirat und Kinder Bedingungen knüpfst.
Du gibst ihm höchstens einen Grund das Trinken in den Griff zu bekommen.
Vielmehr kommst du über die Jahre in die Situation der Erpressten: Liebe gegen Wegschauen

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Es ist nicht manipulativen, ihn über seinen Kinderwunsch zu "erpressen", sondern es entspricht der Wahrheit, dass du keinen Alkoholiker als Vater für dein Kind willst. Niemand würde das wollen!

Leg endlich deine Karten auf den Tisch. So, wie du die Sache beschönigst des lieben Friedens willens, hilfst du ihm nicht.

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Danke für die klaren Worte.